Neue Ordnung
14.09. – 04.10. 2019
opening 13. 09. 2019 18 – 21 Uhr
Wenn auf Alte Muster, die letztjährige Ausstellung von Nadim Vardag in
der Georg Kargl Box, nun eine Schau mit dem Titel Neue Ordnung folgt, ist
es beinahe unmöglich der Versuchung zu widerstehen, dies als eine Form
der ‚Titelpolitik’ zu interpretieren. Kein Wunder, gehören doch Titel – und all
die anderen, sozusagen rituellen, Begleiter von Ausstellungen wie Einladungskarten,
Poster oder Pressetexte samt der demonstrativen Nennung von
Künstlernamen – zum festen Inventar dessen, was Alexander Alberro anhand
der konzeptuellen Projekte der Künstler um Seth Siegelaub Ende der 1960er
Jahre im Nachhinein als politics of publicity beschrieben hat. Nicht, dass
es damit sein Bewenden gehabt hätte. Im Gegenteil hat sich die Situation
heute dahingehend sogar noch verschärft, indem die einst instrumentellen
politics of publicity unter aufmerksamkeitsökonomischem Druck insgesamt
an die Stelle der Kunst, vom sekundären Rang auf den ersten Platz gerückt
und somit substanziell geworden sind. Die Kunst als System wurde damit zur
visuellen Kommunikation, Kunstwerke manifestieren sich als Grafikdesign und
social media-Kanäle flankieren diesen Zustand als eine neue Form individuellen
Expressionismus’.
Nadim Vardag weiß über solche Zusammenhänge natürlich Bescheid.
Umso perfider allerdings, dass ich bisher keinen Weg gefunden habe, seinem
veröff entlichungspolitischen Manöver nicht auf den Leim zu gehen. Dass ich
die beiden Titel Alte Muster und Neue Ordnung entsprechend also im Sinne
einer Entwicklungslogik lese, bei der aufs ‚Alte’ bekanntlich meist das ‚Neue’
folgt – wobei Neues in der aktuellen Ära des vielbeschworen Disruptiven
nicht zwangsläufig Fortschritt sondern geradezu annoyingly oft Regression
bedeutet: bei Start-ups und in der Kunst.
Und auch der Schritt vom ‚Muster’ zur ‚Ordnung’ macht mich nicht glücklicher,
auch wenn dieser Schritt eine wesentlich vielversprechendere Form
der Entwicklung als die von ‚alt’ nach ‚neu’ birgt. Musik ist nämlich dann drin,
wenn sich ein kategorialer Lagenwechsel anzeigt. Selbst wenn wir uns in
einem semantisch immer noch einigermaßen kohärenten Feld aufhalten,
mögen Muster zwar, um als solche identifiziert werden zu können, Ordnungen
folgen aber nicht jede Ordnung lässt automatisch auf ihr Muster durchblicken.
Doch wer, außer Profilern, blickt da noch durch?
Die aktuelle Ausstellung im FOX bringt (nicht ganz so) Altes – druckgrafische
Arbeiten mit dem Motiv des ‚Knotens’, gewebe- oder eben knotenartigen
Strukturen, die in ähnlicher, älterer Form schon in der Box zu sehen waren – mit
neuen Arbeiten zusammen, die – wie es sogenannte ungegenständliche Kunst
gerne ist – sich nicht entscheiden mögen, ob sie nun lieber ‚Bild’ oder ‚Objekt’
sind und jedenfalls aus Material gemacht wurden, das üblicherweise Bilder von
ihrer Umgebung abzugrenzen hilft: Rahmenleisten nämlich. Das ist in line mit
früheren Arbeiten Vardags, die ins Zentrum des künstlerischen Geschehens geholt
haben, was üblicherweise eher an dessen Peripherie und da an der Außenkante
zur Kunst liegt: Verpackungskisten etwa, Stell- und Hängevorrichtungen,
die uns gezeigt haben, was alles immer schon den Blick mitkonditioniert hat,
wenn der oder die Sehende denkt, gerade Kunst gespottet zu haben. Nachdem
Disruption, wie gezeigt, allerdings nicht automatisch Progression bedeutet, kann
das als Akt und Verweis sehr wohl immer noch lustig sein, speziell, wenn man
das prekäre Verhältnis von Muster und Ordnung nicht aus dem Auge verliert.
Text: Hans-Jürgen Hafner
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